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Kahlschlag mit vielleicht positiven Folgen

Entsetzen in Beeden

08.12.2021

Schock, Entsetzen, Wut und Traurigkeit waren die vorherrschenden Gefühle bei vielen Menschen, die im September nahe des Beeder Brünnchens unterwegs waren. Plötzlich hatte man freie Sicht und konnte entlang der Stromtrassen über die Kläranlage hinweg zum Webersberg blicken. Unter der mittleren der drei Spannungsleitungen war die Vegetation komplett beseitigt worden im Rahmen einer von der Pfalzwerke GmbH vertraglich vereinbarten Trassenpflegemaßnahme. Was für manche Menschen vielleicht lediglich „freie Sicht“ bedeutete, hat für Wild und Vögel existenzielle Bedeutung. Ohne Schutzgehölz und ohne Acker- und Wiesenbewuchs fehlen Rückzugsmöglichkeiten und Nahrung. Für die Ortsvertrauensfrau von Beeden, Katrin Lauer (Grüne), war das ein absolutes NoGo. Und es war zudem höchst irritierend, denn noch eine Woche zuvor hatte sie mit Volker Willig von der Grünflächenabteilung und Vertretern der Amprion GmbH, die verantwortlich für die beiden anderen Stromtrassen ist, durchaus positive Gespräche geführt. „Dabei ging es darum, wie man am besten eine ökologisch sinnvolle und nachhaltige Trassenpflege durchführen kann.

Nicht immer muss alles weg und nicht immer muss ein so entstandener Kahlschlag gemulcht werden, was invasiven Pflanzen Vorschub leistet. Oft reicht es, wenn man einfach mit der Kettensäge vereinzeltes Gehölz beseitigt.“ So war Lauer erst einmal stinkesauer und erstattete Anzeige. Doch Amprion und Pfalzwerke sind nun mal zwei unterschiedliche Unternehmen, die – obwohl sie mit ihren Trassen das gleiche Areal nutzen – hinsichtlich der notwendigen Pflege eigenständig und unabhängig voneinander entscheiden. So passierte es nun eben, dass die positiven Gespräche mit dem einen Unternehmen durch die Maßnahme des anderen konterkariert wurden. Das löste einen Sturm des Entrüstung bei Privatleuten, Naturschützern und Jägerschaft aus. In der Folge hagelte es Anzeigen.

Das mit der Pflege betraute Unternehmen, die Haubert Fost- und Kulturbau GmbH aus Nonnweiler, reagierte umgehend. Und zwar positiv. Matthias Haubert beschaffte 300 Pflanzen, darunter Schlehe, Weißdorn, Hartriegel, Pfaffenhütchen und Wildrose als Ersatz. In Absprache mit den Naturschützern und den Jägern verständigte man sich darauf, dass auf der Fläche zwischen Beeder Brünnchen und Angelweiher drei Schutzhecken ausreichend seien. Eine wird zum Sichtschutz am Hauptweg zur Mastau hochwachsen, zwei weitere Hecken flankieren den querenden Fußweg in der Geländemitte. „Das reicht aus. Alles andere macht die Natur ruckzuck selber“, so Bernd Lambert, der hier sein Jagdrevier hat. Ihm ist wichtig, dass das Wild von Störungen verschont bleibt und da seien Schutzgehölze die beste Wahl. Regelmäßige Spaziergänger wissen, dass hier der Fasan heimisch ist. „Er hat hier ideale Lebensbedingungen durch den Bewuchs. Fehlt er, dann gerät der Fasan unter Druck und verschwindet“, so Lambert. Für Katrin Lauer ist die Fläche ein wichtiger Baustein im Gesamtbereich der Mastau. Diese sei für viele Arten ein idealer und schützenswerter Lebensraum: „Das hat sich in diesem Jahr mit der Anwesenheit von Schwarzstörchen gezeigt.“ Tragisch aus ihrer Sicht war der Kahlschlag auch deshalb, weil es zur gleichen Zeit noch eine Brut des Schilfrohrsängers gegeben hatte. Durch die prompte Reaktion des Verursachers ist sie nun aber erst einmal wieder etwas milde gestimmt und ist überzeugt, dass das Unternehmen künftig deutlich sensibler mit dem Thema Trassenpflege umgehen wird und dass es in Beeden nicht nochmal solch einen Kahlschlag geben wird.

Lauer ist zudem Mitglied im BUND. Der führe zurzeit intensive Gespräche mit dem Biosphärenzweckverband und den Energieversorgern darüber, wie insgesamt innerhalb der Biosphäre Bliesgau die Trassenpflege nachhaltiger gestaltet werden kann, um möglichst vielen Arten Nahrungs- und Schutzräume bieten zu können. So gilt nun auch für Beeden und die Saarpfalz der alte sinnige Spruch: Nix ist so schlecht, dass es nicht doch für irgendetwas gut ist.

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